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Dürregeschädigter Mais in der aktuellen Fütterung: was können Sie optimieren?

Dürregeschädigter Mais in der aktuellen Fütterung: was können Sie optimieren?

Herausforderungen für die Rationsplanung beim Wiederkäuer

Das Anbaujahr 2022 war vielerorts von extremer Trockenheit geprägt und zahlreiche Maisbestände waren stark von Trockenschäden betroffen. Die daraus entstandenen Silagen werden aktuell gefüttert. Neben deutlich geringeren Erträgen stellte schon die Silagebereitung große Ansprüche an den Pflanzenbau. Trotz ungewöhnlich früher Ernte im August lagen viele Maissilagen bei TS-Gehalten von 40 % oder darüber. In diesen Fällen stieg besonders das Risiko der Nacherwärmung, in Kombination mit einem höheren Hefebesatz und höherem Zuckergehalt. In der Praxis sieht man heute auf den Betrieben aktuell kaum aerob stabile Silagen, die verfüttert werden. Als Faustregel gilt, die Temperatur an der Anschnittfläche (bis ca. 20 cm Tiefe) sollte, gerade jetzt im Winter, keinesfalls höher als 5 Grad Celsius über der Außentemperatur liegen. Liegt die Temperatur höher, findet eine mikrobielle Aktivität z. B. von Hefen statt. Dies kostet neben Energie auch Trockenmasse.

Regelmäßig TS kontrollieren und Ration anpassen

Ein weiteres Problem mit dem 2022er Silomais: Konträr zu extremen Trockenschäden in manchen Gebieten, waren auf anderen Anbauflächen die Maispflanzen völlig normal versorgt und entwickelt. Dementsprechend konnte der Abreifegrad sogar innerhalb einzelner Betriebe stark schwanken. Siliert werden musste trotzdem. Das führte zu einer sehr heterogenen Silage im Silo. Eine häufige Überprüfung der Trockenmasse der Silage während der Futterentnahme und die entsprechende Anpassung der Ration ist daher in diesem Jahr noch entscheidender als ohnehin.

Normale bis hohe Stärkegehalte bei schlechter Stärkeverdaulichkeit (in situ 7 h)

Die aktuell vorliegenden Analyseergebnisse zeigen, dass sowohl Stärke als auch Energiegehalte in einem guten und üblichen Bereich liegen (310-320 g XS/kg TM). Die TS ist bei den derzeitigen Proben häufig im oberen Bereich. Ein tieferer Blick in die Analysen zeigt die ruminale Stärkeverdaulichkeit. Ein sinnvoller Parameter ist hier die in-situ Stärkeverdaulickeit 7 h (% der Gesamtstärke). Dieser Wert betrachtet nicht nur den Gesamtstärkegehalt, sondern auch den Anteil, der für die Pansenmikroorganismen zur Verfügung steht. Kenntnisse über diesen Wert lassen Schlüsse auf den zu erwartenden pH-Wert und somit die Fermentationsbedingungen im Pansen zu.

In diesem Jahr kann die Stärkeverdaulichkeit vom Idealwert abweichen. Der verdauliche Anteil an Stärke der Gesamtstärke in Prozent sollten im Idealfall nach 7 h bei etwa 90 % liegen. In der Praxis sehen wir z. T. bei den 2022er Maissilagen deutlich darunter liegende Werte (75-80 %). Grund hierfür ist: je reifer ein Korn wird (dazu zählt auch die Notreife), umso mehr Prozentpunkte verliert der Anteil an verdaulicher Stärke der Gesamtstärke. Ursächlich dafür sind die sogenannten Prolamine, eine Proteingruppe (z. B. Zein) die 50-60 % des Gesamtproteins beim Mais ausmachen kann und maßgeblich die Stärkeverdaulichkeit bestimmt.

Neben der Kornverarbeitung (Kernel Processing Score) hat insbesondere die Silierdauer einen signifikanten Einfluss auf die Stärkeverdaulichkeit. Die Silierung baut einen Teil der Prolamine ab, macht die Stärke also zugänglicher. Das Maximum wird jedoch erst nach einer Fermentationsdauer von mindestens sechs Monaten erreicht. Auch hier muss wieder empfohlen werden, das Silo länger geschlossen zu halten, als es in der Praxis häufig üblich ist.

Schlechtere NDF-Verdaulichkeit (NDFd bzw. TTNDFd) zu erwarten

Die Verdaulichkeit des Silomais wird in erster Linie durch die Verdaulichkeit von Zellwand und Zellinhalt bestimmt. Maßgeblich ist hier die Kennzahl NDFd (d=digestible=verdaulich). Während der Zellinhalt, auch NFC, mit seinen überwiegend löslichen Kohlenhydraten (Stärke, Zucker) und Rohprotein eine sehr hohe Verdaulichkeit aufweist, sieht das bei der Zellwand − insbesondere bei der Ernte 2022 − deutlich schlechter aus. Die Korrelation zwischen Trockenmasse und NDFd ist vielen nicht bekannt: je höher die TS umso niedriger ist NDFd, umso limitierter die Grundfutteraufnahme. Als Faustregel gilt: + 1 Prozenteinheit NDFd (z. B. von 50 % NDFd30 auf 51 % NDFd30) bringt in der Rationsplanung 170 g mehr Trockenmasseaufnahme und 250 g mehr Milch pro Tier und Tag. Die Erhöhung der verdaulichen NDF ist also ein großer Hebel zur Verbesserung der Grundfutterleistung und Betriebseffizienz.

Wie den Faserabbau im Pansen optimieren?

Für die Gewinnung von Energie aus Zellwandbestandteilen (Zellulose & Hemizellulose) sind die im  Pansen lebenden Bakterien, Protozoen und Pilze (100 Milliarden Mikroorganismen pro  ml Pansensaft) verantwortlich. Diese Mikroorganismen verfügen über faserabbauende Eigenschaften. Aufgrund von umzeichnender NDFd und unzureichender Rationssynchronisation (häufig durch Unkenntnisse der Grundfuttermittel) vermehren sich verstärkt die Laktat- oder Milchsäurebildner im Pansen. Es werden zunehmend flüchtige Fettsäuren (VFA) gebildet, der Pansen-pH-Wert sinkt. Bei Pansen-pH-Werten um 5,8 und darunter werden faserabbauende Mikroben in ihrer Entwicklung gehemmt, so dass eine optimale Faserverdauung und Ausnutzung der Rationskomponenten somit nicht mehr gewährleistet ist. Es entsteht also ein Ungleichgewicht im Pansenmilieu, was wiederum oftmals zu einer verringerten Milchleistung und reduzierten Milchinhaltstoffen führt.

Sichtbare Anzeichen erkennen

Dieser Effizienzverlust kann sehr gut über Kotauswaschungen nachgewiesen werden. Im Kot der Tiere finden sich in einem solchen Fall zahlreiche Rückstände wie lange Fasern. Ein eindeutiger Hinweis auf eine unzureichende Panseneffizienz sind auch Verschmutzungen mit „Kotblättchen“ im Schwanz- und Sitzbeinhöckerbereich der Kühe.

 

 

 

 

 

 

 

Nützliche Pansenbewohner unterstützen

Ist das Grundfutter erst einmal im Silo, lässt sich die Verdaulichkeit der Gesamtration lediglich noch über die Zugabe von Futterzusätzen beeinflussen, u.a. mit speziellen Lebendhefen. Eine Metaanalyse (14 Versuchsergebnisse mit 1.613 Milchkühen, de Ondarza und Sniffen; 2010) belegt eine Verbesserung der Rationsausnutzung um durchschnittlich 3 % oder 40 g mehr Milch je Kilogramm Trockenmasseaufnahme beim Einsatz von 0,5 g Saccharomyces cerevisiae I-1077 (Levucell SC). Diese Ergebnisse wurden mit strukturreichen Rationen mit 30 % und mehr NDF-Gehalt erzielt. Ein signifikanter Effekt auf die Gesamttrockenmasseaufnahme wurde nicht beobachtet. Die Autoren sehen hier unter anderem die bessere Energieausnutzung durch eine Verbesserung von Panseneffizienz und Faserabbau als ursächlich.

Levucell SC nimmt aktiv Einfluss auf die Zusammensetzung der Mikrobiota im Pansen, indem sie mit unerwünschten Bakterien und Pilzen um die Lebensgrundlage konkurriert. Zum einen schafft die Lebendhefe durch den Verbrauch von Restsauerstoff optimale Wachstumsbedingungen für nützliche Pansenbewohner, zum anderen wird der Besatz des Substrates im „Pansensee“ gefördert. Ebenso wird die Bildung der oben genannten faserabbauenden Enzyme verbessert. Dieser Nachweis gelang in einer an der INRAE durchgeführten Studie (Chaucheyras-Durand et al.; 2016). Die Fütterung einer pansenspezifischen Lebendhefe führte zu einem Anstieg der Pansenpilze (+ 26 %) und ließ die Anzahl der zellulolytischen bzw. faserabbauenden Bakterien um 15 % anwachsen.

Wie ist das zu erklären? Lignin wird aufgrund des Besatzes mit faserabbauenden Pilzen besser „angegriffen“. Folglich werden Zellulose und Hemizellulose für die Mikroben besser zugänglich. Die Kuh kann mehr Nährstoffe nutzen. Wichtig: Voraussetzung zur bestmöglichen Ausnutzung der Lebendhefe ist immer eine optimale Häcksel- und Silierqualität.

Fazit und Ausblick auf Ernte und Silierung von Mais in 2023

Der Silomais 2022 stellte nicht nur zu Ernte und Silierung eine Herausforderung dar. Teils hohe TS-Gehalte erschwerten den Silierprozess, was aktuell im Feld zu vermehrt aerob instabilen Silostöcken führt.

Neben einem Verlust von nutritiven Stoffen durch Nacherwärmung, beobachten wir neben reduzierter NDFd eine geringere Stärkeverdaulichkeit als in anderen Jahren. Ungewöhnlich hohe TS-Schwankungen erschweren die Rationsplanung. Unter Berücksichtigung der aktuellen Maissilagequalitäten, kann unter Umstände der Einsatz einer pansenspezifischen Lebendhefe sinnvoll sein, um Panseneffizienz und Verdaulichkeit positiv zu unterstützen.

Vor allem in Hinblick auf die kommende Maisernte 2023 seien nochmal die Grundlagen des Silomanagements zur Reduzierung von Stabilitätsproblemen genannt:

  • Einhaltung einer kurzen Häcksellänge von maximal 5 mm (je trockener desto kürzer).
  • Regelmäßig die Schärfe der Messer am Häcksler prüfen und nachschärfen.
  • Die gleichmäßige Verteilung im Silo in dünnen Schichten (ca. 20 cm).
  • Ausreichendes Walzgewicht (¼ der stündlichen Einfuhrmenge) mit hohem Reifendruck für die Tiefenwirkung.
  • Ausreichende Zeit für das Walzfahrzeug.
  • Nicht zu lange Nachwalzen und damit wieder Luft in die letzte Schicht einpressen.
  • Wenn ein Siliermittel eingesetzt wird, sind richtige Beratung und Auswahl essentiell!

Praxistipps für die richtige Wahl des Siliermittels:

  •  Geeignetes Siliermittel wählen: Wirkungsrichtung 2 (aerobe Stabilität)
  • Genügend essigsäurebildende Milchsäurebakterien (ab 150.000 KBE/g Siliergut)
  • Gleichmäßige Dosierung über die gesamte Ernte (regelmäßig prüfen)
  • Geschlossenes Silo für mindestens sechs bis acht Wochen, da die Essigsäurebildung erst im zweiten Schritt der Milchsäurebildung eintritt.
  • Bei geplanter früherer Siloöffnung sollte ein Siliermittel mit speziellen heterofermentativen Milchsäurebakterien eingesetzt werden, welches eine schnellere Essigsäurebildung ermöglicht. (z. B. Magniva Platinum)
  • Wenn Futterknappheit besteht, lieber einen kleinen Haufen einzeln silieren und das große Silo mindestens acht Wochen zulassen.

Veröffentlicht Mar 10, 2023 | Aktualisiert Jun 1, 2023

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